Der Radtourismus boomt – Zahlreiche Angebote im Nordwesten

Hannover – Ein paar Heidschnucken heben ihre Köpfe und blicken den Radlern neugierig hinterher. Die wuscheligen Landschaftspfleger gehören zu den Hinguckern der Lüneburger Heide. Und die profitiert wie andere Regionen im Nordwesten von der steigenden Lust am Freizeitradeln.

«Der Radtourismus erlebt einen kompletten Boom», sagt Christine Brandt vom Cuxland-Tourismus. Allein 2016 machten 5,2 Millionen Deutsche Urlaub mit dem Drahtesel, 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Außerdem unternahmen die Bundesbürger rund 150 Millionen Tagesausflüge. Das geht aus der aktuellen Radreiseanalyse des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) hervor.

Um die Radfahrer anzulocken, setzen viele Regionen auf Qualität und Service. So installierte der Landkreis Diepholz im März 2016 seine erste «Lufttankstelle». «Mittlerweile haben wir 16 Pumpen aufgestellt, 5 kommen noch dazu», sagt der Projektinitiator Hans-Heinrich Kellner. «Das wird gut angenommen, auch die Einheimischen nutzen das viel.»

Die Tourismusverbände Mittelweser und Aller-Leine-Tal gingen im Vorjahr mit der «Wolfstour» an den Start. Der 90 Kilometer lange Rundkurs soll die Rückkehr des Wolfs «sachlich beleuchten». Er führt unter anderem zum Wolfcenter Dörverden und durch das einstige Jagdrevier des 1948 erlegten Wolfes «Würger von Lichtenmoor». Die Tour kommt gut an. «Der Flyer wird sehr oft nachgefragt», sagt Christa Krumwiede von der Region Aller-Leine-Tal. Das gelte auch für die über ein Teilstück laufende, geführte Tour «Rotkäppchen packt aus».

Der Harzer Tourismusverband (HTV) hat in dieser Saison seinen «Rennrad-Guide» frisch aufgelegt, inklusive einer neuen Tour rund um Bad Grund. «Hier sind viele Rennradfahrer unterwegs, der Harz ist schon lange kein Geheimtipp mehr», sagt HTV-Sprecherin Christin Faust.

Im Harz und im Naturpark Solling-Vogler sind vor allem Mountainbiker unterwegs. «Der Solling ist ein viel sanfteres Mittelgebirge als der Harz, mit langen Anstiegen und sanften Abfahrten», sagt Ranger Tore Straubhaar. Dort verlaufen 11 der 15 MTB-Touren. «Der Vogler ist dramatischer. Da geht es von der Weser gleich 460 Meter rauf.» Straubhaar beobachtet in seinem Revier zunehmend E-Mountainbiker.

Auch die Städte sehen Potenzial im Zweirad. «Radfahren ist für uns ein großes Thema», sagt Bettina Koch vom Oldenburg-Tourismus. 2016 sei das Stadtführungsangebot ausgebaut worden. «Die öffentlichen Führungen sind zu 90 Prozent ausgebucht», bilanziert Koch. «Die Nachfrage nach geführten Touren steigt», bestätigt auch Jens Joost-Krüger von der Wirtschaftsförderung des Landes
Bremen. Deshalb würden die Gästeführer nun auch speziell für das Format geschult.

Ende Mai startet in Oldenburg das neue Geo-Caching-Projekt «Klimaschätze». Radler können per Smartphone oder ausleihbarem GPS-Gerät acht im Stadtgebiet verteilte interaktive Cashes zu Themen wie erneuerbare Energie oder nachhaltigem Lebensstil aufspüren.

Der 515 Kilometer lange Weserradweg gehört laut Radreiseanalyse zu den beliebtesten Radfernwegen Deutschlands. Im März wurde er als Vier-Sterne-Qualitätsradroute ausgezeichnet. Der Radweg habe die «Qualitätsoffensive» nötig gehabt, so Petra Wegener vom Weserbergland-Tourismus.

Dass Radler wert auf Qualität legen, zeigt die ADFC-Radreiseregion Uelzen. Seit der Zertifizierung im vergangenen Frühjahr habe die Nachfrage deutlich angezogen, so Sprecher Peter Gerlach. «Wir haben deutlich mehr Radkarten verkauft und 80 Prozent der Prospektanforderungen sind zum Thema Rad.» Teilweise seien in der Saison 2016 sogar die Radunterkünfte knapp geworden.

Im Tourismusverband Osnabrücker Land wurde 2015 im Rahmen des «Masterplans Rad» das 2700 Kilometer lange Radwegenetz komplett überarbeitet. «Die Wege wurden bereinigt, wir müssen nicht an jeder Milchkanne vorbeifahren», sagt die Geschäftsführerin Petra Rosenbach. Populär sind dort beispielsweise die Harse-Ems-Tour oder die Gartentraum-Tour.

Im Landkreis Vechta entstehen derzeit 150 «Knotenpunkte». «Die Schilder stehen zukünftig an Kreuzungen von Radwegen. Damit können sich Radler einfach orientieren, kurzentschlossen ihre Route ändern und sich anhand der Knotenpunkt-Nummern fürs nächste Ziel entscheiden», sagt Kreissprecher Jochen Steinkamp. Zudem gebe es 15 teilweise komplett neu ausgeschilderte Themen-Routen wie die Burgen-Tour oder die Seen-Tour. Im Cuxland werden derzeit die regionalen Routen überarbeitet. «Die Radien haben sich erweitert, auch durch die Pedelecs», sagt Brandt.

Fotocredits: Julian Stratenschulte
(dpa)

(dpa)