So bekommen Urlauber in der Steiermark ihr Almdiplom

Stein an der Enns – Einen Tag auf der Alm verbringen: Das klingt erst einmal entspannt und idyllisch. Wer aber ein authentisches Erlebnis möchte, darf nicht faulenzen und die Beine hochlegen, sondern muss kräftig anpacken. Dass Hand anlegen auch Spaß machen kann, zeigt sich in der westlichen Steiermark. Dort können Urlauber das
«Ennstaler Almdiplom» erwerben.

Zu den Tätigkeiten gehören Krapfen backen, Holzschneiden und das Melken einer Kuh – wenngleich auch keiner echten. Ganz nebenbei erfährt man viel über Pflanzen, Tiere und das arbeitsreiche Leben auf der Alm. Nach bestandener Prüfung gibt es eine Urkunde.

Bildung für Städter – aber auch Einheimische

Und was soll das Ganze? Jede Menge Spaß soll natürlich im Vordergrund stehen, sagt Mathias Schattleitner vom Schladming-Dachstein Tourismusmarketing. «Uns geht’s aber auch darum, den Teilnehmern unsere Kultur näherzubringen und ein wenig Wissen zu vermitteln, gerade in einem Zeitalter, in dem immer mehr Leute glauben, Milch käme von der lila Kuh oder Heumilch werde aus Heu gemacht.»

Offenbar haben nicht nur Auswärtige noch Wissenslücken zu schließen: «Bei uns machen Menschen aus der Region genauso mit wie Touristen. Manchmal sind sogar drei Generationen aus einer Familie mit von der Partie», so Heidi Grundner vom Tourismusbüro Naturpark Sölktäler.

Das Gold der Almen

Los geht das Programm an diesem Sommertag rund um das Schloss Großsölk – ein Haus, das bereits im 14. Jahrhundert erbaut wurde und einige Zeit dem Jesuitenorden gehörte. Die Geschichte der Region ist unter anderem geprägt von dem Handelsweg über den Sölkpass. Das Schloss ist Sitz des örtlichen Naturparkhauses und zeigt die Sonderausstellung «Das Gold der Almen».

Was es mit besagtem Gold auf sich hat, weiß Reinhard «Reini» Maier. Er ist Almbauer, pensionierter Schornsteinfegermeister und preist die Vorzüge des Steirerkas an, eines regionalen Käses, dessen Ursprung auf den Almen des steirischen Ennstals liegt. «Mir san per Du», so grüßt Reini seine Gäste und stellt klar, dass er seine Mundart pflegen und sich nicht mit Hochdeutsch abmühen wird.

Erschwerte Bedingungen für die Teilnehmer, etwa Silke Ludwig, Alexander Kalab und ihre zehn- und zwölfjährigen Mädels Emilia und Luana aus dem niedersächsischen Helmstedt. Sie müssen die Ohren gut spitzen, um alle Kniffe und Details mitzubekommen. Zum Beispiel, dass bei der Herstellung des Ennstaler Steirerkäses die Trennung in Magermilch und Rahm von entscheidender Bedeutung ist und nach der Lagerung ein würziger, krümeliger Mürbkäse mit nur 0,5 Prozent Fettgehalt entsteht, der in der Küche vielfach verwendbar ist.

Aber keine Angst: Reinhard Maier ist ein Meister der Wiederholung, sodass es keinem der Beteiligten schwerfällt, die neu erlangten Kenntnisse bei der späteren Diplomprüfung abzurufen. Doch vorher stärken sich die Gäste mit Käsebrot und einem Gläschen Zirbenschnaps oder selbst hergestellter Holunderlimonade im Schlosshof.

Reimen und Holz schneiden

Schluss mit der Theorie und ab in die Praxis. Die Zauneralm im Kleinsölktal auf knapp 1100 Metern ist nur über eine kleine Mautstraße zu erreichen. Almführer Hans Zach wartet schon.

Zunächst werden alle Teilnehmer mit einer grünen Schürze und einem Almhut ausgestattet. Dann gilt es, schriftlich Fragen zu Themen vom Vormittag zu beantworten. Wer dann in der Lage ist, spontan ein «Gstanzl» – eine Art lustiger Vierzeiler in Reimform – zu dichten, sammelt beim Almführer die ersten Pluspunkte. Auch das Talent, die Umrisse von Kuh, Schaf oder Schwein zeichnerisch mehr oder weniger gekonnt zu Papier zu bringen, wird bei der späteren Notengebung gewürdigt. Für reichlich Gaudi ist also gesorgt.

Beim Holzschneiden eines Baumstammes auf einem Holzbock mit einer traditionellen Bügelsäge ist weniger Muskelkraft, sondern eher die richtige Technik gefragt. Natürlich gibt Hans Zach die nötige Hilfestellung. Dass das Melken einer Kuh aus Sicherheitsgründen nicht am lebendigen Objekt, sondern an einer weniger störrischen «Gummi-Liesel» geübt wird, leuchtet ein – das Druckprinzip zwischen Daumen und Zeigefinger bleibt in jedem Fall das gleiche.

Zum Schluss eine regionale Köstlichkeit

In der Küche der Almhütte gibt Sennerin Martina Ebenschweiger ihre Tipps fürs fachgerechte Auswellen des Krapfenteigs, der anschließend frittiert und danach mit Steirerkäse oder auch mit Honig bestrichen und eingerollt wird. Die Spezialität schmeckt sowohl in der herzhaften als auch in der süßen Version köstlich.

Ein paar launige Stunden gehen schnell vorbei. Selbstverständlich haben alle Teilnehmer die Diplomprüfung mit guten Noten geschafft, wie Hans Zach nach eingehender Prüfung der Ergebnisse mitteilt.

«Wirklich ein toller Tag für die ganze Familie», sagt Silke Ludwig. «Viel Action und die Möglichkeit, vieles selbst machen zu dürfen, das war auch für Emilia und Luana eine coole Sache», sagt sie.

Steirerkäse für Zuhause hat sie schon im Gepäck. Und als Souvenir darf die eigenhändig abgeschnittene Baumscheibe nicht fehlen.

Almdiplom im Ennstal

Anreise: Mit dem Auto über München, Salzburg, A10 Tauernautobahn und die B320 Ennstal-Bundesstraße nach Stein an der Enns. Alternativ über Passau, die A9 Pyhrnautobahn und Linz nach Stein an der Enns. Von dort Richtung Sölkpass, beim Hinweisschild «Natura Mirabilis» links zum Parkplatz Schloss Großsölk abbiegen.

Almdiplom: Normalpreis für Erwachsene 32 Euro (ohne Mautgebühr zum Schwarzensee), für Kinder bis 14 Jahre 10 Euro. Dauer: 5 Stunden, Termin nach Vereinbarung im Naturparkbüro.

Informationen: Naturpark Sölktäler, Stein an der Enns 107, 8961 Sölk (Tel.: +43 3685/20 903, www.soelktaeler.at).

Fotocredits: Naturpark Sölktäler,Naturpark Sölktäler,Brigitte Geiselhart,Naturpark Sölktäler,Naturpark Sölktäler,Peter Podpera,Brigitte Geiselhart
(dpa/tmn)

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